Gedanken zur Anamnese nach SAMPLER

Die “Notfallanmanese” hat teilweise einen anderen Stellenwert, als eine tiefer gehende Anamnese um weitere Informationen zu sammeln, die einem bei der innerklinischen Versorgung und Differentialdiagnose helfen (Sozialanmanese, Urlaubsanamnese, B-Symotomatik, …). Das Übergeordnete Ziel ist in der kürze der Zeit und auch in akuten Situationen, einen möglichst suffizienten Überblick über die Patientiengeschichte zu bekommen und damit Differentialdiagnosen ein- oder auszuschließen.
Ich möchte hier kurz auf die Anamnese nach SAMPLER eingehen.
S - Symptome und Zeichen
A - Allergien
M - Medikation
P - Patientenvorgeschichte
L - letzte … ?!
E - Ereignisse … ?!
R - Risikofaktoren

Ihr kennt dieses Akronym so, oder so ähnlich, sicherlich bereits. Wahrscheinlich ist ein kurzer Blogeintrag auch zu begrenzt um bei allen Punkten in die Tiefe zu gehen, daher möchte ich hier exemplarisch ein paar Dinge herausgreifen, die mir immer wieder helfen und teilweise auch wichtige Lichter auf Probleme werfen (wie Ihr am ersten Beispiel “Allergien” sehen werdet). Ziel ist es nämlich meiner Meinung nach nicht, die Buchstaben wie eine Checkliste abzuarbeiten, sondern sie mit Leben zu füllen um eben diesen o.g. Blick über die Patientengeschichte zu bekommen.

Allergien: Hier ist es nicht nur gut zu wissen gegen was die Patient:innen allergisch sind, sondern auch was passiert, wenn die entsprechenden Medikamente oder Nahrungsmittel (etc.) zu sich genommen werden. Mit die häufigste Medikamentenallergien der man begegnet sind Penicillinallergien. Oft handelt es sich dabei um “Allergien” gegen sog. Aminopenicilline wie Amoxicillin. Amoxicillin hat als besonders HÄUFIGE Nebenwirkung ein Arztneimittelexanthem welches harmlos ist, wenn es im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Angina tonsillaris auftritt! In diesem Fall muss man die Diagnose in Frage stellen und an eine wichtige Differenzialdiagnose denken: Eine Infektion mit dem Ebstein-Barr-Virus. Nach dem Absetzen bildet sich das Exanthem zurück.

Im Verlauf kann es, je nach Substanz die als Allergen wirkt, teilweise einen deutlichen Unterschied machen, ob man bei früherer Einnahme einen anaphylaktischen Schock hatte oder einen Ausschlag.

Medikation: An dieser Stelle ist es super sinnvoll auch explizit mal nach frei verkäuflichen Dingen zu fragen beispielsweise Johanniskraut. Viele, auch frei verkäufliche, fälschlicher weise auch als harmlose Substanzen gehandelt, können im Rahmen des Stoffwechsels dazu führen, dass andere Substanzen besser oder schlechter abgebaut werden. Im letzten Fall kann es dadurch unter Umständen sogar zu potentiell lebensbedrohenden Komplikationen kommen. Johanniskraut in unserem Beispiel kann die gemeinsame Einnahme von Johanniskraut und Marcumar dazu führen, dass der Plasmaspiegel von Marcumar erniedrigt ist und damit die antikoagulatorische Wirkung nicht mehr so ausgeprägt ist, wie dies ursprünglich beabsichtigt war. In der Folge kann es entsprechend zu Schlaganfällen oder anderen thromboembolischen Komplikationen kommen.

Ereignisse … ?: Nach genauen Ereignissen zu fragen, bevor der “Notfall” eingetreten ist, ergibt beispielsweise bei der Synkope sinn. Eine Synkope im Liegen oder während/unmittelbar NACH sportlicher Aktivität sind grundsätzlich besorgniserregend (arhythmogene Synkope?!). Ein weiteres Beispiel könnte bei vigilanzgeminderten Patient:innen (die bspw. unter oraler Antikoagulation stehen) die Frage nach Bagatelltraumata in der Vergangenheit sein (Subduralhämatom?).

Dieser Blogeintrag soll euch als kleiner Überblick und Inspiration dienen euch nicht nur mit einem checklistenartigen Frage und Antwortspiel zufrieden zu geben. Es geht auch gar nicht darum alle möglichen Medikamenteninteraktionen auswendig zu kennen sondern wie so oft in der Medizin um ein Prinzip. Mir hat es geholfen Patientengeschichten vorzustellen und Patientenverläufe nachzuvollziehen (zum Beispiel im Klinikpraktikum oder wenn Ihr mal nach dem Verlauf fragt) und mich zum Beispiel in Bereichen wie der Synkope mehr mit der Differentialdiagnose vertraut zu machen.

Und wie immer gilt natürlich: Macht Euch ein eigenes Bild und entwickelt innerhalb dieser Akronyme eigene Fragen die stellen könnt und euch weiter bringen.

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Evaluation des Volumenstatus - Dynamische vs. starre Vorlastparameter