Evaluation des Volumenstatus - Dynamische vs. starre Vorlastparameter
Die Kernfrage bei der Abschätzung des Volumenstatus‘ eines Patienten:
Ist ein zusätzliches Volumenangebot für den Patienten hilfreich oder eher schädlich?
Volumenüberladung ist ein häufiges Problem in der Intensivmedizin und führt zu einer Erhöhung der Mortalität. Daher macht es Sinn, sich vor einer Volumengabe zu fragen, ob der Patient hiervon überhaupt profitiert. Profitieren tut er dann, wenn sich das entsprechende Herz auf dem aufsteigenden Teil der Starlingkurve befindet (sog. Fluid Responsiveness).
Um herauszufinden, ob ein Patient von einer Erhöhung der Vorlast, also des enddiastolischen Volumens, profitiert und ob diese höhere Vorlast mit einer Erhöhung des Schlagvolumens beantwortet würde, sind dynamische Vorlastparameter am aussagekräftigsten.
Starre Vorlastparameter bieten nur eine Momentaufnahme und zeigen nur ineffizient an, ob eine Steigerung der Vorlast auch zu einer Erhöhung des Schlagvolumens führen würde.
Beispiele für starre Vorlastparameter:
Vena-Cava-Diameter
ZVD
Beispiele für dynamische Vorlastparameter:
Passive Leg Raise Test (PLR)
Schlag-volumenvariation (SVV)/Pulsdruckvariation(PPV)
End-Expiratory-Occlusion-Test (EEOC)
Echokardiographie in Zusammenhang mit PLR/Mini-Volumen-Challenge
Vorteile dynamischer Vorlastparameter:
Wie schon beschrieben haben die dynamischen Vorlastparameter den Vorteil, dass Ihr, natürlich unter Einbeziehung gewisser Schwankungen, vorhersagen könnt, ob das Herz mit einer angebotenen höheren Vorlast auch mit einer Steigerung des Schlagvolumens reagiert.
Tut es das nicht, würde ein erhöhtes Volumenangebot nur zu einer Volumenüberladung führen. Am besten ist es, mehrere Komponenten miteinander zu kombinieren. Ich nutze in meiner Routine eine Kombination aus Lungensonographie- VEXUS-Score- PLR- LVOT/VTI bzw. Schlagvaolumenmessung (mit oder ohne PLR/Mini-Fluid-Challenge) und je nach Situation auch PPV bzw. SVV.
Noch ein Wort zur Lungensonographie beim Erheben des Volumenstatus:
Mit der Lungensonographie könnt Ihr das extravaskuläre Lungenwasser (EVLW) abschätzen. Ist dieser Parameter zu hoch, seht ihr ein überwiegendes B-Linien-Profil. An dieser Stelle könnt Ihr die Untersuchung beenden. Dieser Patient wird wahrscheinlich nicht mehr Volumen vertragen, sondern benötigt eine geringere Vorlast (oder auch Volumenentzug). Auch hier ist ein bisschen Vorsicht geboten: Die Lungensonographie muss für diese Fragestellung an mindestens 3-4 Punkten pro Hemithorax durchgeführt werden (je nachdem wo man nachliest und welche Fragestellungen man hat können das auch mehr Stellen werden). Andernfalls besteht möglicherweise Verwechslungsgefahr mit anderen Pathologien. Zum Beispiel kann Pneumonie auch lokales B-Linienprofil machen, im Falle eine bilateralen Pneumonie auch beidseitig.
Hier noch ein Link zu einem Webinar der ESICM zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=IeONHdGbNgo&t=3958s
Kleiner Disclaimer: Für die Anwendung am Patienten seid Ihr allein verantwortlich. Der Einzelfall entscheidet. Bitte nutzt zum Nachlesen und Nachschlagen verschiedene Ressourcen.