PJ Tertial Anästhesie Teil 2: Im Saal
Im ersten Teil der Blogreihe, in der es um mein PJ in der Anästhesie ging, ging es um ein paar allgemeine Abläufe, die Organisation und meinen Gesamteindruck. Heute möchte ich Euch nun an ein paar Details teilhaben lassen. Vorne weg sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich als Notfallsanitäter eh schon eine hohe Affinität zur Anästhesie hatte und sowohl eine Famulatur in der Anästhesie als auch eine Famulatur auf einer internistischen Intensivstation gemacht habe. In so fern war der prinzipielle Ablauf für mich nichts neues. Am CBF gab es innerhalb der Saalzeit einen Rotationsplan, damit man im Grunde alle Bereiche ein mal gesehen hat.
Der Tag startete um 7:10 Uhr mit einer Frühbesprechung. In der Regel gab es neben einem Briefing der diensthabenden Oberärzte:innen Geräteeinweisungen, einen Journalclub oder ähnliches. Der Klinikdirektor oder sein Stellvertreter informierten ausserdem über Besonderheiten hinsichtlich der Qualitätssicherung, Dokumentation oder aktuellen Fragestellungen bzw. Problemen.
Gegen 7:30 traf man dann in der Einleitung ein, wo die Anästhesiepflege die Patient:innen bereits vorbereitet hatte. Hierzu gehörte z.B. das Anlegen des Monitorings, das Schaffen eines venösen Zugangs und ggf. Prewarming, also das aktive Wärmen der Patient:innen zur Vorbeugung einer Unterkühlung. Nachdem wir uns vorgestellt hatten wurde als aller erstes nach der WHO-Checkliste die Patientenidentität, die Operation inklusive Ort, Allergien und weiteren Punkten gefragt bzw. diese evaluiert und nachgesehen, ob die chirurgische und die anästhesiologische Einwilligungen vorhanden waren.
Zu meinen typischen Aufgaben gehörte dann die Präoxygenierung, die anschließende Maskenbeatmung und die Atemwegssicherung. Im weiteren Verlauf kam dann auch die Planung der Narkoseeinleitung hinzu. Ein großes Augenmerk lag immer auf der Einstellung der Beatmung und der Überwachung und Steuerung der Narkosetiefe.
Was ich am PJ im Saal wirklich als fast luxuriös empfand war die 1:1 Betreuung. Dadurch konnte man im weiteren Verlauf fast eigenständig unter Supervision die Narkosen durchführen. Unterstützt wurde dies durch SOPs die es für jeden Bereich gab. Für die aller meisten, also typischen Operationen, gab es Vorgaben zur Nakroseführung (TIVA vs. Balanciert), der Instrumentierung (Menge und Größe an Venenzugängen), ggf. Sonstige Verfahren wie Regionalanästhesie, Tranexamsäureperfusor und vieles mehr.
Da man jede Woche in einen neuen Bereich mit eigenen Pitfalls kommt (Okulo-kardialer Reflex in der Augenheilkung, Bauchlagerung oder Wirbelsäulenchirurgie, Volumenmanagement bei großen abdominellen Prozeduren) war sicher gestellt, dass es immer neue Themen gab, mit denen man sich auseinander setzen konnte. Wenn man dann doch irgendwann die Standardfragen beantworten konnte, gab es nebenbei immer noch Zeit um bestimmte Dinge in die Tiefe zu besprechen. Ich habe mich bspw. sehr ausführlich mit den Themen Transfusion und Katecholaminen beschäftigt. Um eine intensivere Beschäftigung mit Beatmung kommt man auch nicht herum, ist ja irgendwie ein Kern dessen was man dann jeden Tag macht.
Als überregionales Traumazentrum hatte man auch immer Gelegenheit mit in den Schockraum zu gehen und dann ggf. auch Initialversorgung im Schockraum zu sprechen und das ein bisschen kennen zu lernen.
Auch wenn das PJ im Saal relativ durchstrukturiert war, hätte man auch jederzeit die Möglichkeit gehabt länger in einem Bereich zu bleiben oder sich auch weitere Bereiche anzuschauen, die nicht regulär in den Rotationsplänen vorkamen (in meinem Fall z.B. Palliativteam-Visite). Es gibt also trotzdem viel Gestaltungsspielraum.
In der Abteilung in der ich war ist es ausserdem vorgesehen, dass Ihr in einem Saal bleibt. Im ersten Moment klingt das vielleicht unlogisch, wo doch das vermeintlich „spannende“ während der Einleitungen passiert. Ich finde die Idee fest in einem Saal zu bleiben aber sehr sinnvoll: Viele Zwischenfälle, das Arbeiten mit Noradrenalinperfusoren, Lagerungskontrollen, intraoperative Zwischenfälle wie allergische Reaktionen, unzureichende Narkosetiefe, Blutungskomplikationen, könnt ihr „mitnehmen“ und einen ersten Eindruck im Management zu bekommen. Aus meiner Erfahrung, auch aus dem Beruf, finde ich: Wenn ich ein Problem oder eine Komplikation, bevor sie mir selber passiert, schon mal gesehen hatte, viel mir die Identifikation und das Management im Nachhinein einfacher als bei Dingen, die ich vorher noch nie in der Realität gesehen hatte. Beispielsweise habe ich in den Famulaturen zwei Mal einen anaphylaktischen Schock gesehen, bevor ich als Notfallsanitäter selber den ersten Patienten eigenständig erstversorgen musste. Mir war die Bedrohlichkeit dieser Situation zwar jeder Zeit bewusst, ich hatte trotzdem die kognitiven Kapazitäten diesen Notfall strukturiert und routiniert abzuarbeiten.
Beendet war der Tag dann in der Regel zwischen 14 und 15Uhr, je nachdem wie viele Säle liefen und was zu tun war. Außerdem hatte man die Möglichkeit Dienste am Wochenende zumindest teilweise zu begleiten, was ich Euch ebenfalls nur empfehlen kann (zumindest wenn ihr in einem größeren Haus seid). Gefühl war es doch ziemlich anders und auch weniger stressig, weil das OP Programm deutlich entzerrt war.
Im nächsten Teil berichte ich euch von meiner Zeit auf der operativen Intensivstation. Wenn Ihr fragen habt, schreibt es gerne in die Kommentare oder fragt bei Twitter oder Instagram.